Ein Sommer voller Herausforderungen
Der Sommer, eine Zeit, die viele mit Urlaub, Entspannung und Freizeitaktivitäten verbinden, wird für einige Familien in Österreich zur wahren Belastungsprobe. Mehr als 200.000 Kinder und Jugendliche leben hierzulande mit chronischen Erkrankungen, während viele weitere mit seltenen oder lebensverkürzenden Diagnosen kämpfen. Diese Kinder benötigen eine intensive Betreuung, die in den Ferien oft wegfällt, da schulische und institutionelle Unterstützungsstrukturen in dieser Zeit nicht vorhanden sind.
Die unsichtbare Belastung der Familien
Für die betroffenen Familien bedeutet dies einen Alltag voller Herausforderungen. Der Berufsverband Kinderkrankenpflege Österreich (BKKÖ) schlägt Alarm: Es gibt kaum geeignete Ferienangebote für diese Kinder. Während gesunde Kinder aus dem Vollen schöpfen können – Feriencamps, Abenteuertage, Sportkurse – stehen Familien mit pflegebedürftigen Kindern oft mit leeren Händen da. Die Präsidentin des BKKÖ, Eva Mosar-Mischling, betont, dass die Belastung für pflegende Angehörige in den Ferien besonders spürbar ist. ‚Ein erholsamer Kurzurlaub, Zeit mit den Geschwisterkindern oder ein Abend mit Freunden ist für viele kaum möglich‘, sagt sie.
Ein flächendeckendes Versorgungsloch
Andrea Lukitsch aus dem Südburgenland berichtet: ‚Unser Sohn ist seit vielen Jahren schwer krank. Unser Alltag ist geprägt von Pflege rund um die Uhr, die uns alle sehr erschöpft. Wir bräuchten viel mehr Entlastung, damit wir das psychisch und körperlich schaffen.‘ Diese Worte sind kein Einzelfall. Österreichweit fehlt es an wohnortnahen, leistbaren und kindgerechten Entlastungsangeboten, insbesondere an Ferienbetreuung, Wochenendpflege oder kurzfristiger Urlaubspflege für Kinder mit hohem medizinischen und psychosozialen Unterstützungsbedarf.
Die Rolle der Mütter
In den meisten Fällen sind es die Mütter, die die Pflege ihrer Kinder übernehmen. Sie leisten rund um die Uhr medizinische, therapeutische und psychosoziale Aufgaben. Die fehlenden Entlastungsangebote bedeuten nicht nur eine enorme Mehrbelastung, sondern verhindern auch Erholung und berufliche Perspektiven. Doris Zoder-Spalek, geschäftsführende Landesvorsitzende von MOKI Burgenland, weiß: ‚Wer rund um die Uhr pflegt, kann nicht gleichzeitig arbeiten oder auftanken. Ohne Entlastung droht vielen Familien der Kollaps.‘
Ein Appell an die Politik
Der BKKÖ richtet daher einen dringenden Appell an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. Gefordert wird der Ausbau stationärer Entlastungs- und Kurzzeitpflegeangebote für Kinder mit hohem Pflegebedarf. Diese sollen kindgerecht, wohnortnah, flexibel und leistbar sein. Dazu gehört auch die Einrichtung von wohnortnahen Entlastungspflegeplätzen und speziellen pädiatrischen Palliativbetten.
Finanzielle und soziale Absicherung
Ein weiterer Punkt ist die finanzielle und soziale Absicherung pflegender Eltern. Das Pflegegeld muss an die realen Bedürfnisse von Kindern mit chronischen Erkrankungen angepasst werden. Zudem fordert der Verband die Anerkennung und sozialrechtliche Absicherung pflegender Elternteile, inklusive Pensionsansprüche und berufliche Wiedereinstiegsmodelle.
Therapie- und Unterstützungsangebote
Es braucht mehr kassenfinanzierte Therapieangebote, wie Musik-, Ergo- und Physiotherapie, durch qualifizierte Kindertherapeuten. Ebenso wichtig ist die psychosoziale Begleitung für Eltern, Geschwister und das betroffene Kind als integraler Bestandteil der Versorgung.
Pflegeintegration in Bildungseinrichtungen
Die Anerkennung der Pflegebedarfe im Kindergarten-, Schul- und Hortalltag ist unerlässlich. Der Einsatz von qualifiziertem Pflegepersonal in Bildungseinrichtungen könnte die Betreuungssituation stabilisieren und die Eltern entlasten.
Verlässliche Pflegeangebote als Grundvoraussetzung
Die Ferienzeit darf nicht zur Belastungsprobe für ohnehin stark beanspruchte Familien werden. Es braucht dringend politische Maßnahmen, um verlässliche Betreuungs- und Pflegeangebote auch außerhalb des regulären Schulbetriebs sicherzustellen. Denn Entlastung ist kein Luxus – sie ist eine Grundvoraussetzung für die Gesundheit der gesamten Familie.
Die aktuelle Situation zeigt deutlich, dass dringend gehandelt werden muss. Ohne geeignete Maßnahmen droht vielen Familien der Kollaps. Die Politik ist gefordert, die notwendigen Schritte einzuleiten, um diese Familien zu unterstützen. Es ist eine gesellschaftspolitische Verantwortung, die nicht länger aufgeschoben werden darf.
Der Berufsverband Kinderkrankenpflege Österreich bleibt am Ball und setzt sich weiterhin für die Belange der betroffenen Familien ein. Bleiben Sie dran für weitere Entwicklungen zu diesem wichtigen Thema.