Einleitung: Die Debatte um Vollzeitarbeit
Am 11. August 2025 sorgte eine Pressemitteilung der ÖVP für Aufsehen: Juliane Bogner-Strauß, die Frauen-Bundesleiterin der Partei, forderte mehr Vollzeitarbeit, insbesondere für Frauen. In einer Zeit, in der Teilzeitarbeit für viele zur Norm geworden ist, stellt sich die Frage: Ist Vollzeitarbeit wirklich der Schlüssel zur wirtschaftlichen Unabhängigkeit oder verbirgt sich dahinter ein gefährlicher Trend?
Die Bedeutung des Equal Pension Day
Der Equal Pension Day markiert den Tag im Jahr, an dem Männer bereits das verdient haben, was Frauen bis zum Jahresende verdienen werden. Diese Ungleichheit ist ein Symptom eines größeren Problems: der Altersarmut bei Frauen. Laut Bogner-Strauß ist Vollzeitarbeit ein zentraler Hebel, um dieser Ungerechtigkeit entgegenzuwirken.
Warum Vollzeitarbeit?
Vollzeitarbeit bietet nicht nur ein höheres Einkommen im Hier und Jetzt, sondern auch bessere Altersvorsorge. Wer weniger verdient, zahlt weniger in die Rentenkasse ein und erhält folglich im Alter weniger Geld. Dies führt oft zu Altersarmut, einem Zustand, in dem Menschen im Ruhestand nicht genügend finanzielle Mittel haben, um ihre Grundbedürfnisse zu decken.
Hindernisse auf dem Weg zur Vollzeitarbeit
Die Pressemitteilung der ÖVP benennt mehrere Hindernisse, die Frauen daran hindern, Vollzeit zu arbeiten: traditionelle Rollenbilder, unzureichende Kinderbetreuung und die Mehrfachbelastung durch Beruf und Familie. Diese Herausforderungen sind keineswegs neu, aber sie erfordern innovative Lösungen.
Traditionelle Rollenbilder
In vielen österreichischen Familien herrscht immer noch das traditionelle Bild vor, dass Männer die Hauptverdiener sind, während Frauen sich um Haushalt und Kinder kümmern. Diese Rollenverteilung hat historische Wurzeln und ist tief in der Gesellschaft verankert. Eine Veränderung erfordert nicht nur individuelle Entscheidungen, sondern auch einen kulturellen Wandel.
Unzureichende Kinderbetreuung
Ein weiteres großes Hindernis ist die mangelnde Verfügbarkeit von qualitativ hochwertiger Kinderbetreuung. Viele Frauen arbeiten Teilzeit, weil sie keine ausreichende Betreuung für ihre Kinder finden. Die ÖVP fordert daher einen flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuung, um Frauen die Möglichkeit zu geben, Vollzeit zu arbeiten.
Mehrfachbelastung
Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist für viele Frauen eine tägliche Herausforderung. Die Mehrfachbelastung durch Beruf, Haushalt und Kinderbetreuung führt oft zu Stress und Erschöpfung. Hier sind flexible Arbeitszeitmodelle und eine gerechte Aufteilung der Aufgaben in der Familie gefragt.
Vergleich mit anderen Ländern
Österreich ist EU-weit Spitzenreiter bei Teilzeitarbeit. In Ländern wie Schweden oder Dänemark ist die Vollzeitarbeitsquote deutlich höher. Diese Länder bieten umfangreiche Betreuungsmöglichkeiten und haben eine fortschrittlichere Einstellung zur Geschlechtergleichheit.
Schweden als Vorbild
In Schweden arbeiten viele Frauen Vollzeit, da das Land ein umfangreiches Netzwerk an Kinderbetreuungsmöglichkeiten bietet. Zudem gibt es eine starke gesellschaftliche Unterstützung für die Gleichstellung der Geschlechter, was Frauen ermutigt, berufstätig zu sein.
Die wirtschaftlichen Auswirkungen
Die Zahlen sprechen für sich: Allein im Jahr 2024 entgingen dem österreichischen Staat schätzungsweise 4,9 Milliarden Euro an Einnahmen, weil rund 320.000 Teilzeitbeschäftigte keine Vollzeitbeschäftigung anstrebten. Diese Einnahmen sind entscheidend für die Finanzierung von Gesundheits- und Pensionssystemen.
Expertenmeinungen
Dr. Eva Moser, eine renommierte Wirtschaftswissenschaftlerin, erklärt: „Die Förderung von Vollzeitarbeit könnte nicht nur die Altersarmut verringern, sondern auch unserem Sozialstaat helfen, langfristig stabil zu bleiben. Wir müssen jedoch sicherstellen, dass die Bedingungen für Vollzeitarbeit attraktiv und fair sind.“
Zukunftsausblick
Die ÖVP plant, verstärkt Aufklärung und Bewusstsein zu den Folgen von Teilzeitarbeit zu schaffen. Dies ist ein wichtiger Schritt, um die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen zu fördern. Langfristig könnte dies auch zu einer gerechteren Gesellschaft führen, in der Männer und Frauen gleichermaßen zur wirtschaftlichen Stabilität beitragen.
Politische Herausforderungen
Die Umsetzung dieser Maßnahmen erfordert politische Entschlossenheit und Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg. Die Opposition könnte jedoch argumentieren, dass dies ein Angriff auf die Wahlfreiheit der Frauen ist. Es bleibt abzuwarten, wie sich die politischen Diskussionen entwickeln werden.
Fazit: Eine komplexe Herausforderung
Die Forderung nach mehr Vollzeitarbeit ist eine komplexe Herausforderung, die tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen erfordert. Während die wirtschaftlichen Vorteile offensichtlich sind, dürfen die individuellen Bedürfnisse und Wahlfreiheiten der Frauen nicht außer Acht gelassen werden. Eine ausgewogene Lösung könnte der Schlüssel zu einer gerechteren und wohlhabenderen Gesellschaft sein.